Kommentar „Denglisch“
Wie wäre es mit einer zuckrigen Arbeitsprobe aus dem Textgenre Kommentar? Dann wird Ihnen diese Prüfungsleistung aus dem 5. Semester meines Journalistik-Studiums schmecken.
Die Aufgabe: Schreiben Sie ein Pro- oder Contra-Kommentar zum Thema „Denglisch“ (Denglisch = Der Mix von deutscher und englischer Sprache.)
Note: 1,0.
Nächste Haltestelle: Keine Ahnung!
Tür auf, Tür zu. Ich setze mich in die Bahn um von A nach B zu fahren. Neben mir sitzt ein blondes Mädchen mit Zahnspange. Leise nuschelt sie in ihr pinkes Mobil- Telefon: „Ey, das is’ doch die, wo immer ,als wie‘ sagt. Voll fake!“ Weitere Wortfetzen fliegen durch die Luft. „Ich hab nachher noch ein Date in der Back-Factory.“ Ich verschließe meine Ohren mit einem Keuschheitsgürtel. Mein Trommelfell soll von diesem Garbage verschont werden. Denglisch stößt bei mir auf taube Ohren. Denn Denglisch ist ein Terrorist. Doch statt blutiger Explosionen mischt es sich wie ein Virus langsam unter die Menschen und verbreitet seine Worte, als wären sie ansteckend.
Die deutsche Sprache verkommt, geht ein, wie eine sterben Blume, geht weinend vor die Hunde. Aus einer klaren Sprache wird eine unlernbare Mischung aus Worterbrochenem. In den Schulen lernen sie Englisch, während die meisten noch nicht einmal richtig Deutsch können. Deutsche Sprache, schwere Sprache? Von wegen. Aus jedem „Albtraum“ darf man bereits einen „Alptraum“ machen, „tschüss“ schreiben wie man will und Pizzen als Pizzas beschimpfen. Und trotzdem hinkt das Deutsch der Deutschen wie ein Pirat ohne Holzbein.
Während die einen zwischen Deutsch und Englisch schwanken, shoppen statt einkaufen gehen und in ihrem Real Life mit Lol, Rofl und I Like um sich werfen, ergänzen andere den Sprachsalat mit etwas Türkisch.
„Cüc lan, hast du die geseh’n? Was, du gehst Fitness? Nice, man.“
Das soll mal einer verstehen. Zu Weihnachten wünschen sich die Enkel Mp3-Player und Memory Cards um Gedownloadetes zu saven. Die Alten verstehen Bahnhof. Stehen am Gleis und warten auf den Zug, der sie nicht mitnimmt. Dabei sind doch alle mega happy und durchgestylt, kaufen Anti-Aging- Creme, arbeiten als Call-Center-Agents oder gehen ins Assessment-Center. Aber was soll man machen? Denglischinfiziert mit integrierten Freunden sieht man vor lauter Buchstaben die Sprache nicht.
Dabei ist Deutsch doch eigentlich handzahm und wortstark. Ihr einziges Manko: Sie verlangt Fleiß. Doch der ist begrenzt. Deshalb fordere ich Denkmalschutz. Für die deutsche Sprache. Jemand muss sie schützen, damit sie nicht irgendwann nur noch aus leblosen Füllwörtern besteht. Wie ein altes Gebäude steht das Gerüst, doch das Innere ist leer. Statt Deutsch abzureißen, fordere ich Neubefüllung.
Eine elektronische Stimme reißt mich aus meinen Gedanken: „Thank you for travelling with Deutsche Bahn.“ Stirnrunzeln. Die deutsche Sprache stirbt, doch ich bin bereit für sie zu fighten.